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PRINZIPALMARKT 41

Fassadenwettbewerb

Fassadenwettbewerb

Der Prinzipalmarkt 41 ist mit seiner prägnanten Lage und Geschichte eines der bedeutendsten Gebäude am Prinzipalmarkt und prägt als ein Teil dieser Straße das Stadtbild von Münster.

 

Im Zuge einer notwendigen Sanierung der oberen Geschosse werden auch Sanierungsarbeiten am Dach vorgenommen, wodurch sich die Dachhaut erhöhen wird. Dies hat zur Folge, dass eine neue Antwort auf die Ortgangsituation gefunden werden muss. 

Im Gestaltungsbeirat der Stadt Münster kristallisierte sich verstärkt der Ansatz hervor, über eine Neugestaltung eines Schaugiebels nachzudenken und die „Lücke“ im Straßenbild zu schließen.

Ziel des Wettbewerbs war es, eine sensible Antwort für den historischen Ort mit seiner langen und wechselhaften Geschichte zu finden. Der neue Giebel soll sich auf der einen Seite in den gesamten Prinzipalmarkt einfügen, gleichzeitig aber auch als eine heutige Antwort auf den vorgefundenen Ort wahrgenommen werden.

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Quelle: Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, Stadt Münster Dritter Teil, Max Geisberg, Aschendorff, 1934

Der reich verzierte historische Stufengiebel war durch starke vertikale Lisenen gegliedert. Diese nehmen wir als Grundstruktur in unserem Entwurf wieder auf und nehmen gleichzeitig Bezug zu der Druckerei der Wiedertäufer.

 

Gutenberg löst das Wort in einzelne Buchstaben auf und reiht sie dann zu Texten wieder aneinander. Die Druckmaschinen haben sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Bis zur Digitalisierung blieb das Grundkonzept, Texte aus einzelnen Lettern zusammenzusetzen, nahezu unverändert und ebenso unverändert blieben die Setzkästen, die wir für diesen Entwurf als Grundstruktur neu interpretiert haben.

 

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Die Grundstruktur, also quasi die Kästen und auch die Lisenen, sind in Sandstein geplant. Die Füllungen des Setzkastens werden mit einem Relief aus aneinander gereihten Lettern gefüllt. Diese Füllungen werden als Negative gedruckt und dann mit synthetischem Steinmaterial abgegossen. Wir betrachten diese speziellen Betone als transformierten Naturstein. Es sind erprobte und fassadentaugliche Materialien, die bei der Erstellung von Kopien in der Restaurierung eine gewichtige Rolle spielen.

Die Füllungen werden farblich an den Sandstein angepasst, sodass sie sich harmonisch in das Farbenspiel des Prinzipalmarktes einfügen.

Aus der Struktur ergibt sich ein feines, sehr unaufdringliches Bild, das im Wechsel des Lichteinfalles mal stärker und mal schwächer zum Vorschein kommt. Einzelne Buchstaben des Reliefs sind von unten kaum erkennbar. Durch feine Vor- und Rücksprünge ensteht ein dezentes Muster, das einer Art Pixelung entspricht und eine Assoziation zu einem QR-Code möglich macht. 

 

Der QR-Code kann im Grunde als die Weiterführung des Setzkastens in die digitale Form gesehen werden. Beide Strukturen weisen erstaunliche Parallelen auf. Beide beinhalten nahezu unendliche Möglichkeiten, Informationen zu bündeln und zu verbreiten. 

 

Mit unserem Entwurf möchten wir nicht nur auf die Geschichte des Hauses eingehen, sondern diese auch mit modernen Kommunikationsmitteln weitertragen. Bestandteil des Entwurfes ist es, am Haus einen QR-Code anzubringen, der dann direkt auf diese Intenetseite weist, die im Falle der Umsetzung natürlich noch detaillierter ausgearbeitet werden könnte.

Geschichte des Hauses

Geschichte des Hauses

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Quelle: Denkmalbehörde Münster

Quelle: Städtische Denkmalbehörde Münster

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Quelle: Denkmalbehörde Münster

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Das Haus Prinzipalmarkt 41 stammt aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Jahr 1523. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gehörte es trotz zweier Umgestaltungen der Fassade zu den Prinzipalmarkt-Häusern, die den frühen architektonischen Zustand dieses Ortes am besten do- kumentierten. Im Gegensatz zu etlichen seiner Nachbarn hatte es keinen Neubau gegeben, und die Fassade wahrte die Dimensionen des Originals.

Darüber hinaus bewahrte das Haus in besonderer Weise das Andenken an eine herausragende Episode in der Geschichte Münsters. Das Haus Nummer 41 besaß und bewohnte nämlich Bernhard Knipperdolling, einer der Anführer der sogenannten Täuferbewegung. Nach der Niederschlagung der Täuferbewegung wurde er 1536 unmittelbar vor seinem Haus hingerichtet.

Das Haus Nummer 41 wurde in den über vierhundert Jahren seines Bestehens von verschiedenen Besitzern als Geschäfts- und Wohnhaus genutzt. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wurden dort überwiegend Manufaktur- und Modewaren sowie Schuhe verkauft, zwischenzeitlich aber auch Musikalien, Instrumente, Korbwaren und Reiseartikel. 1920 kam das Haus in den Besitz der Familie Viehoff, die dort ein Schuhgeschäft betrieb.

Wiederaufbau

Wiederaufbau

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Quelle: Münster in Schutt und Asche, H.C.C. Hüffner, Aschendorff, 1983 Abb. 82
 

Quelle: Städtische Denkmalbehörde Münster

Quelle: Denkmalbehörde Münster

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus bei mehreren Bombenangriffen vollständig zerstört. Es blieben nur die Säulen des Arkadenganges stehen.

 

Im Zuge des rasch begonnenen Neubaus des Prinzipalmarkts in seinen alten Dimensionen entwarfen die Architekten Benteler und Wörmann im Jahr 1950 eine Fassade für das Haus, die sich dezidiert nicht an dem Vorgängerbau orientierte, obwohl dieser in der Dokumentation des Prinzipalmarkts von Max Geisberg erst wenige Jahre zuvor ausgezeichnet dokumentiert worden war. Die Dimensionen der Stockwerke sowie die Platzierung und die Größe der Fenster wichen deutlich vom Vorgängerbau ab.

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Quelle: Münster, Ein Porträt in Bildern, Erhard Obermeyer & Andreas Lechtape, Aschendorff 2006
 

Quelle: Münster, Ein Porträt in Bildern, Erhard Obermeyer & Andreas Lechtape, Aschendorff 2006
 

Quelle: Denkmalbehörde Münster

Für das Haus Nummer 41 wurde allerdings eine Baugenehmigung nach den besagten Plänen erteilt, obwohl seine Fassade damit von denen der Nachbarhäuser deutlich abwich. Tatsächlich hätte eine vorbildgetreuere Rekonstruktion des Hauses sich unauffälliger ins Ensemble eingepasst.

 

Für den Schaugiebel hatten die Architekten allerdings einen Plan entworfen, der sich mit seinen schlanken Säulen wieder stärker an der ursprünglichen Fassade orientierte. Für den Giebel wurde damals allerdings keine Baugenehmigung beantragt. Aller Wahrscheinlichkeit nach wäre sie auch nicht erteilt worden, da der geplante Giebel sich noch mehr von denen der Nachbarhäuser abgehoben hätte, als es die Gestaltung der restlichen Fassade schon getan hatte.

Zu Debatten mit dem städtischen Bauamt kam es allerdings erst gar nicht; die Besitzer entschlossen sich vielmehr aus finanziellen Gründen, den Bau eines Giebels vorläufig zurückzustellen. Damit begann die Geschichte des Hauses Nummer 41 als eines „unvollständigen“ Hauses, ausgerechnet an einem Ort, der in Deutschland bald schon dadurch berühmt werden sollte, dass er sich wieder auf erstaunliche Art und Weise „vervollständigt“ hatte.

 

Abertausende von Fotos und Postkarten haben seitdem das Bild der Häuserzeile vis-a-vis vom Platz vor der Lambertikirche in die Welt getragen; und wer genau hinsah, konnte eigentlich leicht feststellen, dass da etwas ist, das nicht zu Ende gebaut wurde. Eine mehr oder minder diskrete Leerstelle.

Bernd Knipperdolling

Bernd Knipperdolling

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Als eine der führenden Persönlichkeiten des münsterischen Täuferreiches, entstammte Bernd Knipperdolling einer seit mindestens zwei Generationen in Münster ansässigen Kaufmannsfamilie.

Knipperdolling machte sich zum Sprecher der Sympathisanten Kruses und der Kritiker des Geistlichen Gerichts und kritisierte öffentlich Rat und Bischof. Wegen Beleidigung der Obrigkeiten wurde er dafür 1528 der Stadt verwiesen und durfte erst nach Zahlung einer Buße von 100 Goldgulden wieder zurückkehren. 1529 ließ ihn der Bischof auf der Rückkehr von einer Geschäftsreise nach Lübeck in Vechta verhaften, unter der Folter verhören und über ein halbes Jahr gefangen gehalten.

So beteiligte sich Knipperdolling in seinem Hass gegen Rat und Bischof an der bürgerlichen Opposition, er war einer der 36 "Wortholder", die als Bürgerausschuss vom Stadtrat 1532 die Einführung der Reformation forderten. Wegen seiner Beliebtheit und Beredsamkeit bestellte man ihn bei der Ratswahl im Februar 1533 zum Kurgenossen (Wahlmann).

 

Im Januar und Februar 1534 war sein Haus einer der Versammlungsorte der Täufergemeinde; er beherbergte  Jan van Leiden und Jan Matthijs, die Häupter der zugewanderten niederländischen Täufer.  Gegen den Einfluß der Prediger konnte er sich als einer der führenden Köpfe der Bewegung behaupten, weil er sich durch Visionen und ekstatische Auftritte als Erleuchteter auszuweisen vermochte.

Als entschiedener Anhänger des radikalen Reformators Bernd Rothmann wurde er, nachdem die Tolerierung der Täufer beschlossen war und viele konservative und gemäßigte Bürger die Stadt verlassen hatten, am 23.02.1534 zum Ratsherrn und im Rat neben dem Wandschneider Gerd Kibbenbroick zum Bürgermeister gewählt.

 



Während der Täuferherrschaft - also bis zum Juni 1535 - bekleidete Knipperdolling Führungsämter. 

Er wurde so zu einem Hauptträger der täuferischen Schreckensherrschaft, der nach Gresbeck mehr Menschen mit eigener Hand tötete als der König selbst.

Nach seiner Gefangennahme bei der Erstürmung der Stadt durch das Belagerungsheer am 24./25.06.1535 wurde er mehrfach, auch unter der Folter, verhört, hielt aber an seinen täuferischen Überzeugungen fest. Zum Tode verurteilt, wurde er mit Jan van Leiden und dem Rat Bernd Krechting  am 22.01.1536 öffentlich auf dem Prinzipalmarkt zu Münster hingerichtet und ihre Leichen wurden zu ewiger Abschreckung in "Eisenkörben" am Lambertikirchturm, dem städtischen Wachturm, ausgestellt.

(Text-Quelle:https://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/finde/langDatensatz.php?urlID=1103&url_tabelle=tab_person)

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